In vielen Stellenanzeigen fragt das Unternehmen nach deinem Gehaltswunsch. Und falls nicht, solltest du spätestens im Vorstellungsgespräch damit rechnen.
An dieser Stelle wird auch manch ein erfahrener Arbeitnehmer unsicher: Wie viel kann ich verlangen? Soll ich mein aktuelles Gehalt als Anhalt nutzen? Wie hoch darf ein möglicher Aufschlag sein? Soll ich pokern oder auf Nummer sicher gehen?
Ich zeige dir, warum es wichtig ist, eine konkrete Gehaltsvorstellung zu haben und welche Informationen du dir vorab zusammensuchen solltest, um ein realistisches Gehaltsniveau zu ermitteln.
Warum eine klare Gehaltsvorstellung wichtig ist
Stell dir vor, du sitzt im Bewerbungsgespräch und alles läuft super. Plötzlich kommt die Frage: „Was sind Ihre Gehaltsvorstellungen?“
Wenn du darauf eine klare Antwort hast, signalisierst du Selbstbewusstsein und eine gute Kenntnis des Arbeitsmarktes.
Falls nicht, gehst du unnötige Risiken, egal ob dein Wunschgehalt zu hoch oder zu niedrig ist.
Wenn du dein Gehalt zu niedrig taxierst, riskierst du…
Einkommenseinbußen: Wenn du deinen Gehaltswunsch zu niedrig ansetzt, riskierst du weniger zu verdienen, als du tatsächlich wert bist. Du verkaufst dich unter Wert. Das kann sich negativ auf deine Lebensqualität auswirken.
Beispiel: Wenn Lisa als erfahrene Marketing-Managerin 40.000 Euro statt der marktüblichen 50.000 Euro verlangt, verliert sie jährlich 10.000 Euro, die sie sonst hätte sparen oder investieren können. Und am Ende resultieren aus dem geringeren Gehalt auch niedrigere Rentenansprüche.
Und wie würdest du dich fühlen, wenn du erfährst, dass Kolleg:innen für die gleiche Arbeit deutlich mehr Gehalt bekommen? Wie würde sich das auf deine Motivation auswirken?
Weniger Verhandlungsspielraum: Wenn du zu niedrig einsteigst, hast du kaum Spielraum für Verhandlungen über weitere Vorteile wie Boni, Urlaubstage oder flexible Arbeitszeiten.
Beispiel: Tom ruft 10.000 Euro unter Marktwert auf. Der Arbeitgeber akzeptiert dies sofort, und Tom bringt sich um die Chance, zusätzliche Leistungen auszuhandeln.
Geringere Wertschätzung: Arbeitgeber könnten deine Gehaltsvorstellungen mit deinen Kompetenzen gleichsetzen und so deine Fähigkeiten und Erfahrungen unterschätzen. Das kann sich negativ auf deine berufliche Entwicklung und zukünftige Gehaltserhöhungen auswirken.
Beispiel: Anna verlangt deutlich weniger als ihre Kollegen. Ihr Chef könnte annehmen, dass sie weniger qualifiziert ist, und ihr weniger anspruchsvolle Projekte zuweisen.
Wenn du dein Gehalt zu hoch einschätzt, riskierst du…
Abschreckung: Falls du unrealistisch hohe Forderungen stellst, können potenzielle Arbeitgeber abgeschreckt werden, dich aus dem Bewerbungsprozess ausschließen. Du kickst dich quasi selber aus dem Spiel.
Beispiel: Markus fordert 80.000 Euro, während die Stelle nur mit 60.000 Euro dotiert ist. Der Arbeitgeber entscheidet sich für einen anderen Kandidaten.
Verpasste Chancen: Durch zu hohe Gehaltsforderungen könntest du interessante Angebote verpassen, die langfristig bessere Karrierechancen und Gehaltsperspektiven bieten.
Beispiel: Nadja lehnt eine Stelle mit 55.000 Euro ab, weil sie 65.000 Euro fordert. Später erfährt sie, dass die Firma hervorragende Aufstiegsmöglichkeiten geboten hätte.
Unrealistische Erwartungen: Zu hohe Gehaltsforderungen könnten Erwartungen an deine Leistung setzen, die schwer zu erfüllen sind. Das kann zu (zusätzlichem) Stress und Druck führen.
Beispiel: Klaas erhält 70.000 Euro, obwohl der Marktwert bei 60.000 Euro liegt. Er steht unter ständigem Druck, überdurchschnittliche Ergebnisse zu liefern.
Du siehst, wie wichtig es ist, eine realistische und marktgerechte Gehaltsvorstellung zu haben.
Nimm dir die Zeit, deine Fähigkeiten angemessen einzuschätzen, deinen Wert zu ermitteln und Marktforschung zu betreiben. Dann gehst du selbstbewusst in Gehaltsverhandlungen und erhöhst deine Chancen, das Gehalt zu bekommen, das du verdienst.
In 5 Schritten zur realistischen Gehaltsvorstellung
Schön, aber wie findest du jetzt ein angemessenes Wunschgehalt?
Das schaffst du leicht, wenn du dich an die folgenden Schritte hältst. Denn dann kannst du selbstbewusst in die Verhandlung gehen und deine Chancen maximieren, das Gehalt zu bekommen, das du dir wünschst. Los geht’s!
Schritt 1: Selbstbewertung – Was bist du wert?
Beispiel: Lisa hat fünf Jahre Erfahrung als Marketing-Managerin. Sie hat zahlreiche erfolgreiche Kampagnen geleitet und verfügt über besondere Fähigkeiten in den Bereichen digitale Werbung und Datenanalyse.
Tipp: Frag dich: Welche Fähigkeiten und Stärken bringe ich ein? Welche Erfolge kann ich vorweisen? Erstelle eine möglichst umfassende Liste deiner Erfahrungen, Fähigkeiten und Erfolge. Denk bitte auch an deine Aus- und Weiterbildungen.
Darauf basierend kannst du deinen eigenen Wert einschätzen. Und wenn du klar aufzeigen kannst, was du wert bist, kannst du ein besseres Gehalt verhandeln.
Schritt 2: Marktrecherche – Was zahlen andere?
Beispiel: Tom ist Softwareentwickler und möchte wissen, was andere in seiner Position verdienen. Er nutzt Online-Portale wie Glassdoor, Gehalt.de und kununu.de, um aktuelle Daten zu Gehältern zu sammeln.
Tipp: Gehaltsvergleichsportale geben dir eine gute erste Orientierung über madie durchschnittlichen Gehälter in der Branche und Region, in der du dich bewirbst. Tausche dich mit Kollegen in deiner Branche aus und informiere dich über Branchentrends.
Schau, was „marktüblich“ ist. Du kannst für den gleichen Job in München sicher mehr fordern als in Wunsiedel, schon weil die Lebenshaltungskosten in beiden Orten unterschiedlich hoch sind. Außerdem ist der Fachkräftemangel nicht in allen Regionen gleich ausgeprägt.
Tipp: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zeigt auf dieser Internetseite, in welchen Regionen und in welchen Berufen Fachkräftelücken bestehen.
Tipp: Auch das Statistische Bundesamt bietet einen Gehaltsrechner an, der dir helfen kann dein Zielgehalt, anhand deiner Angaben und echter Gehaltsdaten zu schätzen. Je exotischer der angestrebte Job, desto eher stößt du bei diesem Rechner wahrscheinlich an Grenzen.
Da den Berechnungen tatsächliche Daten zugrunde liegen, werden hier sogar die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen (Gender Pay Gap) gezeigt. Das finde ich persönlich gleichermaßen interessant und bedenklich.
Schritt 3: Unternehmensanalyse – Was kann sich dein potenzieller Arbeitgeber leisten?
Beispiel: Anna bewirbt sich bei einem mittelständischen Unternehmen. Sie recherchiert den finanziellen Hintergrund des Unternehmens und findet heraus, dass es in den letzten Jahren stark gewachsen ist und hohe Gewinne erzielt hat.
Tipp: Erkunde das finanzielle Standing und die Gehaltspolitik des Unternehmens. Jahresberichte, Unternehmensbewertungen, Branchenberichte und Stellenanzeigen können hilfreiche Quellen sein.
Schritt 4: Gehaltsbandbreite festlegen – Wie flexibel bist du?
Beispiel: Paul definiert eine Gehaltsspanne von 50.000 bis 60.000 Euro fest. Das lässt ihm Spielraum für Verhandlungen, zeigt aber auch, dass er sich der Marktbedingungen bewusst ist.
Tipp: Lege für dich eine realistische Gehaltsspanne fest. Deine Untergrenze sollte das Minimum sein, das du akzeptieren würdest (vorausgesetzt, du hast richtig Lust auf den Job), während die Obergrenze ambitioniert, aber erreichbar sein sollte.
Tipp: Konzentriere dich nicht nur auf einen konkreten Euro-Betrag. Überlege dir, was du dir wünschst: Welche sonstigen Leistungen des Arbeitgebers, wie Boni, Sozialleistungen und andere Vergünstigungen (z. B. flexible Arbeitszeitmodelle, variable Gehaltsbestandteile, zusätzliche Urlaubstage, einen Firmenwagen, Betriebskindergarten, Jobtickets, usw.) welche Weiterbildungsmöglichkeiten, Lernerfahrungen oder Entwicklungschancen sind dir wichtig bzw. was bietet der Arbeitgeber an? Wärst du bereit, im Gegenzug dafür auf etwas Gehalt zu „verzichten“?
Tipp: Kennst du den Priming-Effekt? Studien zeigen, dass der erste genannte Betrag oft wie ein Anker bzw. wie eine Referenz wirkt, auf den sich die am Gespräch Beteiligten von da an beziehen. Er ist maßgeblich für die weiteren Verhandlungen. Es kann also ein Vorteil sein, wenn du zuerst einen hohen Betrag ins Spiel bringst. Den musst du nicht zwangsweise auch fordern. Beispiel: „Derzeit liegt mein Gehalt im oberen fünfstelligen Bereich und ich habe mich aktuell nach einer Position umgeschaut, die mit 140.000+ Euro dotiert ist. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das in Iihrer Branche realistisch ist. Darum wollte ich Ssie fragen, was Ssie denken / mir anbieten können.“ Nun ist erstmal dein Gesprächspartner am Zug. Genau genommen hast du bis dahin noch nichts gefordert. Das lässt dir mehr Verhandlungsspielraum.
Schritt 5: Vorbereitung auf die Verhandlung – Was sagst du im Gespräch?
Ich empfehle dir dringend, dich auf ein solches Gespräch vorzubereiten. Übe mit einem Freund, damit du deinen Gehaltswunsch klar und selbstbewusst kommunizieren kannst und auf Nachfragen vorbereitet bist.
Tipp: Übe deine Argumentation, bereite dich auf Gegenfragen vor und sei bereit, deinen Wert darzulegen. Fähigkeiten und Erfolge zu verteidigen.
Eine solche Simulation hilft dir, die echte Gehaltsverhandlung strategisch anzugehen und deine Interessen angemessen zu vertreten.
Fazit: Deine Gehaltsvorstellung im Vorstellungsgespräch erfolgreich durchsetzen
Gehaltsverhandlungen können einschüchternd sein, aber mit der richtigen Vorbereitung bist du bestens gerüstet.
Wenn du deinen Wert kennst und deine Gehaltsvorstellungen auf fundierten Recherchen basieren, wirst du deine Gehaltsvorstellungen klar und selbstbewusst kommunizieren können. So erhöhst du deine Chancen, das Gehalt zu bekommen, das du verdienst.
Hast du Fragen zur Gehaltsverhandlung oder brauchst du Unterstützung bei deiner Bewerbung? Kontaktiere mich für ein kostenloses Erstgespräch und lass uns gemeinsam deine Karriere voranbringen!